Golda - Israels eiserne Lady

Kino
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Datum: Mi, 12. Jun 2024 18:00

 

Alle Termine:


  • Do, 6. Jun 2024 18:00
  • Fr, 7. Jun 2024 18:00
  • Sa, 8. Jun 2024 18:00
  • So, 9. Jun 2024 18:00
  • Mo, 10. Jun 2024 18:00
  • Di, 11. Jun 2024 18:00
  • Mi, 12. Jun 2024 18:00
  • Do, 13. Jun 2024 20:30
  • Sa, 15. Jun 2024 20:30
  • So, 16. Jun 2024 20:30
  • Mo, 17. Jun 2024 20:30
  • Di, 18. Jun 2024 20:30
  • Mi, 19. Jun 2024 20:30

Am 6. Oktober 1973 überfielen ägyptische und syrische Truppen Israel mit dem Ziel Gebiete, die sie im Sechstagekrieg verloren hatten, zurückzuerobern. Der Tag des Angriffes war klug gewählt, denn er fiel auf den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, an dem Israel und mit ihm seine normalerweise besonders schlagkräftige Armee, deutlich weniger wachsam agierte als sonst. Schnell geriet Israel daher unter Druck, sah sich einer existenziellen Bedrohung gegenüber, auf die die Frau an der Spitze des Staates besonnen reagierte: Golda Meir (Helen Mirren) 1898, in Kiew geborene Politikerin, die seit 1969 als Ministerpräsidentin agierte, als erste Frau in Israel und auch weltweit als eine der ersten Frauen in einer solch herausragenden Position.
Das Meir zu diesem Zeitpunkt wegen Lymphdrüsenkrebs behandelt wurde war ein gut gehütetes Geheimnis, was die burschikose, auf sich selbst und ihr Umwelt keine Rücksicht nehmende Politikerin jedoch nicht davon abhielt, Kette zu rauchen. Egal ob sie mit ihrem Kabinett, angeführt von Verteidigungsminister Moshe Dayan (Rami Heuberger) über die richtige Reaktion diskutiert oder mit dem amerikanischen Außenminister Henry Kissinger (Liev Schreiber) über Form und Ausmaß der Unterstützung der israelischen Schutzmacht verhandelt: Eine Zigarette hat sie stets in der Hand.
Ein verrauchter Hinterzimmer-Film ist „Golda – Israeles eiserne Lady“ so geworden, inszeniert vom amerikanisch-israelischen Regisseur Guy Nattiv, der ein Drehbuch von Nicholas Martin verfilmt, ein Autor, der keinerlei Bezug zu Israel hat. Und vielleicht gerade deswegen besonders gut in der Lage ist, die Komplexität der Ereignisse mit nötiger Distanz zu schildern, ohne sich für diese oder jene Seite entscheiden zu müssen.
Dennoch bleibt es zwangsläufigerweise ein Ding der Unmöglichkeit, einen so verfahrenen, verwickelten Konflikt in einem 100 Minuten langen Film in all seiner Komplexität aufzudröseln. Einerseits bleibt „Golda – Israels eiserne Lady“ also an der Oberfläche, andererseits gelingt es dennoch, anzudeuten, wie das kleine Land Israel, das seit seiner Gründung von arabischen Rivalen, die oft zu Feinden wurden, umgeben ist, um sein Überleben kämpft, wie es versucht, seine Interessen zu wahren und dabei auch seinen größten und wichtigsten Freund, die USA, immer wieder manipuliert.
Dass der Jom-Kippur-Krieg nach 19 Tagen gewonnen wurde, gilt als einer der größten militärischen Erfolge Israels, war andererseits aber auch die Basis für viele der Probleme, die auch heute noch zu spüren sind. Nicht nur Mosche Dayan wurde durch den Krieg radikalisiert, auch der spätere Ministerpräsident Ariel Sharon, der den Weg zum noch radikaleren, noch weiter Rechts stehendem Benjamin Netanjahu ebnete hat einen kurzen, wenig schmeichelhaften Auftritt.
Doch Kern des Films ist ganz und gar Helen Mirren, die hinter dickem Make Up, grauer, schlichter Garderobe und dem Rauch dutzender Zigaretten kaum zu erkennen ist. Sie gibt Golda Meir burschikosen Charme, zeigt eine Politikerin, die sich ihr ganzen Leben gegen Männer durchsetzte und zu einer der herausragendsten Persönlichkeit ihrer Zeit wurde. Gerade angesichts der Ambivalenz von Meirs und damit Israels Handeln wirkt „Golda – Israels eiserne Lady“ wie ein Film zur rechten Zeit, gerade in Deutschland, wo ein kritischer Blick auf die israelische Politik allzu leicht und allzu schnell mit Antisemitismus gleichgesetzt wird. Wie kompliziert die Geschichte des Nahostkonfliktes nicht erst seit dem 7. Oktober 2023 ist, mindestens das deutet Guy Nattivs Film an.

Keine Sorge: Man muss kein(e) Expert*in in Sachen Nahostpolitik und auch kein(e) Historiker*in sein, um dem Geschehen in „Golda“ gut folgen zu können. Schon in den Auftaktminuten gibt uns „Golda“ wichtige Eckdaten und nötige Vorkenntnisse an die Hand. Wir sehen flott aneinandergereihte Überschriften aus Zeitungsartikeln und historisches Videomaterial, in dem sie in angemessener Knappheit skizzieren, welch bewegende Zeiten der damals rund 25 Jahre bestehende Staat Israel bereits durchgemacht hat. Auch im weiteren Verlauf des Films entpuppt sich „Golda“ als stilsicher arrangierte Melange aus an Fakten orientierter Fiktion und verbriefter Realität, wenn etwa regelmäßig TV-Berichte ins Geschehen mit eingeflochten werden.

Beginnend mit Golda Meirs Auftritt vor der Ende 1973 ins Leben gerufenen Agranat-Kommission zur Klärung der Fehler und Verantwortlichkeiten im Jom-Kippur-Krieg, spielt das Geschehen auf zwei Zeitebenen, zwischen denen nur wenige Monate liegen: Während Meir 1974 die kritischen Fragen von Shimon Agranat (Henry Goodman) beantwortet, liegt der erzählerische Schwerpunkt klar im Oktober 1973. Doch Meirs selbstkritischer Auftritt vor der Kommission ist spätestens auf der Zielgeraden des Films sehr wertvoll – verhindert er doch, dass die israelische Staatschefin allzu einseitig als makellose Heldin glorifiziert wird.

 

Genre:
Biopic, Drama, Historie
Regie:
Guy Nattiv
Darsteller:
Helen Mirren, Camille Cottin, Ellie Piercy
Filmlänge (min):
100
Produktionsland:
USA, England
Erscheinungsjahr:
2024
Trailer